Unsere Südamerika-Reise 2010/2011

15. Bericht - 13. Februar 2011

 

Wir sind heute in La Paz in Bolivien. Auf der Fahrt von Cusco Richtung Titicacasee verbrachten wir eine Nacht unterhalb der Chullpas = Grabtürme aus der Vor-Inka-Zeit in Sillustani. Sie sind ein beredtes Zeugnis dafür, dass die Inka die Kulturen, die sie unterworfen hatten, nicht verachteten und zerstörten, was sie von ihnen vorfanden, sondern dass sie sich bemühten, das Vorgefundene in ihre Kultur zu integrieren. Wir erinnerten uns an den Führer in Machu Picchu, der durchaus mit bitterem Beigeschmack meinte, wenn die Spanier diese Inka-Stadt gefunden hätten, hätten sie sie als Steinbruch für eine große Kathedrale benutzt - wie so oft an anderen Stellen.

Dann ging es weiter nach Puno. Die Stadt selbst soll nicht sehr attraktiv sein, deshalb gab es keine Stadtbesichtigung, und für eine eigene Erkundung reichte die Zeit nicht. Stattdessen fuhren wir hinaus auf den See und besuchten das Volk der Uro, das auf großen Schilfinseln im See lebt und alles, was man so zum Leben braucht, aus Schilf herstellt. Genau genommen handelt es sich allerdings um Binsen. Man kann sie sogar essen. Wir kosteten, und tatsächlich waren sie wohlschmeckend und saftig. Die Uro leben heute vor allem, aber nicht nur für die Touristen, empfangen sie auf ihren Inseln, singen für sie und erzählen über die Art und Weise, mit dem Schilf zu leben. Und natürlich haben sie reichlich kunsthandwerkliche Waren zu verkaufen....

Der Titicacasee zeigte sich jahreszeitgemäß, leider, denn es war regnerisch. Die Kulisse der 6000er, die den See umgibt, verbarg sich in und hinter Wolken. Trotzdem war es ein besonderes Erlebnis, am Ufer des Sees zu fahren, den meine Schüler immer suchen mussten, wenn sie lernen sollten, das Register im Atlas zu benutzen. Kurz vor dem Wallfahrts-Ort Copacobana passierten wir die bolivianische Grenze und übernachteten dann dort. 

Die Weiterfahrt nach La Paz musste einige Kilometer nach Copacobana unterbrochen werden - die Straße setzte am Seeufer aus, und wir mussten mit nur einigermaßen seetüchtigen Fähren über den See setzen. Der Fährmann stand am kleinen tuckernden Motor, und sein Begleiter schöpfte mit einem Eimer eindringendes Wasser zurück in den See. Am anderen Ufer gab es gerade Unruhen, viele Menschen waren zusammen gekommen, einige schossen in die Luft und ein Bus war plötzlich im Wasser des Sees verschwunden. Mühsam konnten wir an Land gehen und die Fahrt fortsetzen. 

La Paz haben wir nun heute und gestern erleben können. Es ist wieder - wie wir es inzwischen gewohnt sind - eine quirlige Stadt mit chaotischem Verkehr, keiner hält sich an Regeln (allerdings wenigstens an die Rechtsfahr-Vorschrift), und die zahlreichen Polizisten sehen eher belustigt dabei zu, wie die Fahrzeuge aller Art irgendwie doch voran kommen. Anders als in Cusco gibt es hier wieder ein Gemisch von kleineren und Hochhäusern, denn La Paz gilt als nicht erdbebengefährdet. Die zentrale Plaza (die hier nicht Plaza de Armas heißt) mit der Kathedrale, dem Präsidentenpalast und dem Kongressgebäude sowie unzähligen Tauben, das Musikinstrumentenmuseum Boliviens und ein Hexenmarkt mit dem absonderlichsten Warenangebot (alle möglichen Pulverchen, Lamaföten, Tierkrallen....) waren unsere Ziele. 

Der Ausflug am nächsten Tag führte uns nach Tiwanaku, einer prächtigen archäologischen Stätte aus der Vor-Inka-Zeit. Hier  wurde uns bewusst, dass die Inka, von denen wir bisher so viel gehört und gesehen hatten, nur die relativ kurze Zeit von rund 100 Jahren die bestimmende Kultur waren - die Tiwanaku-Kultur dauerte davor rund 1000 Jahre, also zehnmal so lange. Wie in Sillustani zerstörten die Inka auch hier die Gebäude nicht, erst die Spanier benutzten die Steine zum Bau der Kathedrale im nahe gelegenen Ort. Trotzdem blieb zum Glück noch allerhand Schönes und Staunenswert unter den Sedimenten, die sich seitdem darüber angehäuft haben und die die Archäologen jetzt mühsam abtragen. 

Wir grüßen herzlich die Daheimgebliebenen!

Bilder - bitte klicken