Unsere Südamerika-Reise 2010/2011

13. Bericht - 26. Januar 2011

Heute sind wir (wieder) in Nasca. Wir waren am nördlichsten Punkt unserer Reise in Lima und sind nun auf dem Weg zurück Richtung Süden. Allerdings stehen uns noch einige viel versprechende "Umwege" bevor, denn wir fahren ja von Nasca aus wieder auf den Altiplano nach Cusco und von dort sogar für einige Tage in den tropischen Regenwald Perus.

Von Arequipa ging es wieder tagelang durch die Wüste, nur unterbrochen von den grünen Inseln der Oasen. Von El Carmen aus besuchten wir mit einem kleinen Boot die Islas Ballestas, einem heute geschützten Vogelparadies. Früher wurde dort Guano für den Export abgebaut. Die Vogelmist-Schicht hatte sich über 30 m hoch auf den Inseln abgelagert - kein Wunder bei der riesigen Anzahl der Vögel, die hier leben. Pelikane, alle Arten von Möwen, Kormorane, dazwischen Humboldt-Pinguine, Seelöwen-Kolonien und und.... man kann die Arten gar nicht alle aufzählen. Die Fahrt nach Lima haben wir am Pazifik noch einmal unterbrochen - und dort konnten wir erneut die unzähligen Seevögel bestaunen, die den Strand bevölkern. Maxi hat sie gejagt, was sie mit Gleichmut hinnahmen und gemächlich aufflogen - den Himmel beinahe verdunkelnd. 

Grundlage für den Vogelreichtum ist das Futterangebot von Fischen in dem kalten Humboldtstrom  und dem kalten Auftriebswasser vor der Küste. Die Auswirkungen des kalten Meereswassers sind auch für uns deutlich zu spüren: Trotz tropischer Lage ist die Luft doch nicht richtig heiß. Man merkt es gleich, wenn die Sonne sich hinter einem dünnen Wolkenschleier verzieht oder im Schatten. Schon wenige Kilometer im Landesinneren aber ist es richtig heiß. In den Wintermonaten kommt es an der Küste zu dichtem, oft lange andauerndem Nebel mit Niesel, und es mutet während der Fahrt über die sommerlich heißen Straßen schon seltsam an, an den Straßenrändern Warnungen vor Nebellagen zu lesen. In Lima sind viele Häuser der "Neuen Siedlungen" - euphemistische Wortschöpfung für die informellen Siedlungen der aus der Innenstadt wieder Abgewanderten, der immer noch aus dem Hinterland Zuwandernden und sozial - nicht aber mental - Schwachen - in leuchtenden  Farben angemalt, damit man in den nebligen Wintermonaten wenigstens ein wenig Buntes sieht.

Vorher machten wir erste Erfahrungen mit der reichen Kulturgeschichte Perus. Wir sagten den Mumien auf dem Prä-Inka-Friedhof von Chauchilla "Guten Tag" (was die vielleicht doch nicht mehr gehört haben...) und bestaunten von einem Aussichtsturm an der Panamerikana die berühmten Nasca-Linien, riesengroße symbolhafte Zeichnungen, die - Däniken zum Trotz - von den damaligen Bewohnern der Gegend in den trocken werdenden Boden geritzt wurden, damit die weit entfernt thronenden Götter sie auch sehen und als Bitte um Regen deuten können. Eindrucksvoll und Ehrfurcht einflößend zugleich.

Lima ist stadtgewordene Diskrepanz. Schön und schrecklich, Reichtum und Armut, Wohlstand und Elend oder einfacher: Fließend Wasser oder nicht liegen eng beieinander. Die einen gehen in Miraflores einkaufen oder zum Wellenreiten, die anderen leben in den "Neuen Siedlungen" nicht nur am Stadtrand und warten seit Jahren darauf, dass die Stadt endlich eine Wasserleitung auch in ihr "Haus" baut, das oft nur aus einer Umrandung aus Bambusgeflecht besteht. Die einen gehen morgens in Anzug oder Kleid zu ihrem Arbeitsplatz im Büro, die meisten aber beginnen am Morgen wieder den Kampf um die Soles, die ihnen das Überleben sichern. Irgendetwas gibt es immer zu verkaufen, und wenn doch nicht, dann wird ein Familienangehöriger vielleicht an der Straßenkreuzung für zirkusreife Kunststücke ein paar Soles von den Autofahrern bekommen und nach Hause bringen. Und inmitten der wuseligen Stadt das (private) Goldmuseum Perus mit - so wird versichert - originalen Kult- und Kunstgegenständen der kulturgeschichtlichen Epochen Perus. Als die Germanen noch Steine geritzt haben, haben die Prä-Inka-Menschen und Inka Gold (und Silber, Kupfer) bearbeitet und kunstvoll gestaltet... Die große Leistung der Inka bestand darin, dass sie mit ihrem überragenden Organisationstalent (die "Römer Südamerikas") die verschiedenen Völker und Kulturen zu einem Groß-Reich einigen konnten. Das schaffen die Politiker der südamerikanischen Länder heute nicht. 

Das mit der Land-Stadt-Wanderung scheint - so erzählte uns ein Kundiger der Verhältnisse hier - nicht mehr ganz zu stimmen. Die zweite und dritte Generation der einst vom Lande - vor allem aus dem Hochland - in die Hauptstadt Zugewanderten drängt aus den inneren Stadtbereichen in die Außenbezirke, wo sie Land besetzen, indem sie eine provisorische Hütte - oft nur als Andeutung einer Hütte mit einer Wand - bauen. Die illegale Maßnahme wird von der Politik weitgehend gebilligt, und vor Wahlen versprechen die Politiker den Neusiedlern baldmöglichst Wasser und Strom sowie Besitzüberschreibung. In Peru gilt Wahlpflicht, und wer diese Pflicht versäumt, muss mit drastischen Strafen rechnen. Die nächste Generation verhält sich gleichermaßen noch weiter außerhalb der Stadt. Auf diese Weise erhält die Familie mehrere Grundstücke, die nach und nach (oft erst in 20 Jahren) bebaut und bewohnt werden. Das ganze "Spielchen" erfordert von den Menschen viel Mut, Ausdauer und Pfiffigkeit - nichts für Ungeduldige, mental Schwache oder Drückeberger, ganz im Gegenteil. Hier müssen wir Schulmeisterlein vielleicht die eine oder andere Anpassung des überkommenen Schulbuchwissens vornehmen....

Was noch? Die tollkühne Buggie-Fahrt in den Dünen der Oase Huacachina bei Ica. Karola und Maxi haben vor Freude gequietscht, wenn es steil (ja: steil!) den Sandberg hinunter und ebenso steil wieder hinauf ging - oben auf der Kuppe schien sich die Schwerelosigkeit bemerkbar zu machen. Ich war ein wenig zurückhaltend. Achterbahnfahren scheint dagegen ein kleines Vergnügen, und ich mag schon Achterbahnen nicht so sehr....

Wir grüßen herzlich die Daheimgebliebenen! 

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